home

GT 1.9 JTD Black Line

Test

GT: Grosser Traum

Der Alfa Romeo GT 1.9 JTD Black Line will mich in seinen Bann ziehen. Ob er das schafft, wird sich im Test zeigen.


Tag 0: Der Alfa Romeo GT steht für mich abholbereit in Zürich. Ich freue mich wie ein kleines Kind auf die erste Begegnung. Da steht er, auf dem Parkplatz zwischen Fiat, Lancia und anderen Alfa. Ich drehe ein paar Runden um das Fahrzeug, bis sich die stimmigen und schönen Proportionen auf meine Augennetzhaut brennen. Glückwunsch! Alfa Romeo und Bertone stellten ein schönes und zugleich leicht aggressives Auto auf die Räder. Also los! Schluss mit Betrachten! Schlüssel abholen, reinsetzen und den Innenraum auf mich wirken lassen. Dort wird die sportliche Note weitergeführt. Die Uhren vor mir, mit rot hinterlegten Zahlen, das Drei-Speichen-Sport-Lenkrad, die Aluminium-Pedale mit Kunstoffnocken für rutschfreies Bedienen und die Sitze mit sehr gutem Seitenhalt, sind nur einige Beispiele. Im Alfa fühle ich mich wohl, die Materialwahl ist sehr gut und ich bin passgerecht untergebracht. Ich bekomme keine beklemmenden Gefühle auf dem Vordersitz. Motor an und das gute Stück in der heimischen Garage parkieren. Oh, was ist das? Ich höre da ein Nageln aus dem Motorraum. Ein Diesel-Motor in einem Sportauto, passt das?
Tag 1: Ich setzte mich wieder in den Alfa. Die Bedienung sollte schliesslich auf einer rasanten Bergpassage wie im Schlaf sitzen. Das Augenmerk sollte sich mehr auf das Fahren konzentrieren, nicht auf das Bedienen von Radio oder sonstigem. Die Klimaautomatik verstehe ich auf Anhieb. Auch der Rest sitzt bei mir schnell im Handgelenk. Nur die Multi-Media-Bedieneinheit (Fr. 3290.-) mit Navigation braucht Eingewöhnungszeit. Der Menü-Knopf ist nicht wie gewohnt eine Taste, sondern ein Dreh-Knopf mit dem man alles aufrufen kann. Dies ist sehr gewöhnungsbedürftig. Die Kartendarstellung ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Dies sieht man an den grossen Pixeln. Ansonsten führt das Navi sicher und genau ans Ziel. Nun gehe ich die Bedienung im Schlaf noch einmal durch.
Tag 2: Heute ist der Tag, an dem ich auf Kurvenjagd gehe. Die Lenkung gibt mir ein gutes Gefühl, was Direktheit und Rückmeldung betrifft. Die langen Wege des Kupplungspedals und der Schaltgasse können mein Gefühl nicht überzeugen. Das fühlt sich nicht wie ein Sportwagen an. Die Alfa Romeo-Männer wollten ihm noch ein Stück Altagstauglichkeit mit auf dem Weg geben. Dies werde ich an einem anderen Tag prüfen, heute steht Sport auf dem Programm. Dafür ist der GT auch gebaut, er klebt schon fast auf der Strasse. Kurven können mit hoher Geschwindigkeit durchfahren werden. Unglaublich! Ich steigere das Tempo, der Alfa fängt an zu untersteuern und geht anschliessend ins Übersteuern, um ganz am Rand der Physik das Auto mit dem ESP,  von Alfa Romeo genannte VDC, wieder einzufangen. Der 1.9-Liter-Diesel-Motor macht da auch mit, solange man auf der Drehmomentwelle ( 1800/min bis 4500/min) reitet. Was für ein Ritt über die kurvenreiche Strasse. Ich sitze immer noch an meinem Platz auf dem Lederstuhl, so wie sich das gehört.
Tag 5: Nun steht die Altagstauglichkeit an. Ich gehe mit meiner  Freundin auf Einkaufstour. Die Fahrt in das nächste Einkaufszentrum geht noch komfortabel über die Bühne. Wenn ich mich zurück erinnere, wie ich vor drei Tagen noch voller Härte über Kurvenlandschaften fuhr ohne das Gefühl zu bekommen, dass das Fahrwerk zu weich ausgelegt ist. Im Parkhaus kommt jedoch ein Minus-Punkt auf den Alfa Romeo zu. Nach hinten ist der GT durch die breiten C-Säulen nicht richtig abzuschätzen. Zum Glück hat der Testwagen Parksensoren hinten, die sind dringend zu empfehlen (Optional Fr. 520.-). Durch seine Abmessung finde ich leicht einen Parkplatz und stelle ihn ohne grosse Mühe vorwärts ins Feld. Ich bin erstaunt wie viel der Alfa in sein Gepäckabteil schlucken kann (320 Liter). Durch umklappen der Rückbank kann der GT  bis 905 Liter in sein Hinterteil stopfen.
Tag 10: Ich nehme eine dreistündige Reise auf mich. Für die grosse Reise bietet der Alfa Romeo fast alles. Tempomat, Mittelarmlehne und eine gute Bose-Sound-Anlage. Was mir negativ ins Auge fällt: Der GT hat nur einen Getränkehalter und dieser liegt ausgerechnet unter der Mittelarmlehne. In den Cup-Holder passen nur kleinere Dosen, so dass die Armablage noch genutzt werden kann. Mit einer 3-Deziliter Cola Flasche findet der rechte Arm keinen Ruheplatz mehr. Am Ziel angekommen, muss ich feststellen, dass der GT auf Dauer nicht jedem Rücken zu empfehlen ist. Der Alfa wurde schon mehr auf Sportlichkeit ausgelegt.
Tag 15: Die Frage steht noch offen, ob ein Diesel-Motor in einen Sportwagen passt. Ich finde ja. Wer mit dem kernig nagelnden Geräusch leben kann, ist damit bestens bedient. Mit dem beachtlichen Drehmoment (305 NM) kann er mit drei-Liter-Maschinen mithalten. An der Zapfsäule zeigt sich der wahre Vorteil. Im Test verbrauchte der Alfa Romeo nur 7.1 l/100 km. Nun, was kostet das Spassmobile? Mit dem 1.8-Liter-Benzin-Motor muss das Portemonnaie mindestens Fr. 36‘400.- freigeben. Für den Diesel muss das Konto sicher mit Fr. 39‘600.- belastbar sein. Dieser Tag ist auch der Tag, um Abschied zu nehmen. Es waren 15 schöne Tage mit dem Alfa Romeo GT Black Line. Ciao, bella macchina!

 

Positiv (+)

Negativ (-)

 

Mehr Infos unter: www.alfaromeo.ch

Text: Patrick Schärli

29.04.2009